Ein Besuch beim Spargelbauern im Landkreis Gifhorn.

Lisa Marie Simmack

Vollbüttel Auf dem Acker in Vollbüttel in der Gemeinde Ribbesbüttel liegt an diesem Vormittag beinahe eine meditative Ruhe. Nur das rhythmische Knirschen der Schuhe im sandigen Boden ist zu hören. Mit geübtem Griff sticht Landwirt Burkhard Kaufmann eine Stange Spargel aus dem Damm. Seit mehr als 30 Jahren baut er das königliche Gemüse hier an – mit Leidenschaft, viel Erfahrung und Handarbeit.

„Spargel fand ich schon immer toll“, sagt er und zieht das Messer durch die Erde. Der Spargelanbau verlangt gutes Timing, Organisation und Hingabe – genau das fasziniert ihn bis heute an der Saison. Vom morgendlichen Stechen bis zur Sortieranlage auf dem Hof: Für ihn ist der Weg des Spargels kein reiner Arbeitsablauf, sondern echtes Handwerk.

 

2025 04 10 VB Spargel Borkhard Kaufmann

Landwirt Burkhard Kaufmann aus Vollbüttel erklärt, wie der Spargel von seinem Acker auf den Tellern der Region landet. Lisa Marie Simmack FMN

 

Spargel aus Tradition – Zu Besuch beim Familienbetrieb Kaufmann in Vollbüttel

Von etwa Mitte April bis zum 24. Juni – dem Johannistag – dauert die Spargelzeit in Deutschland. In dieser Zeit beginnen die Tage auf dem Hof der Kaufmanns früh: Bereits ab sechs Uhr morgens ziehen die Erntehelfer über die Felder. Der weiße Spargel steckt unter den langen Reihen schwarzer Folie, geschützt vor Sonne, Wind und Kälte. „Wir arbeiten mit Doppelfolie und Minitunneln, damit die Wärme besser gehalten wird“, erklärt der Landwirt. „Die ersten Arbeiten beginnen schon im Februar mit dem Aufflügen und Aufdämmen der Beete.“ Seit dem ersten Aprilwochenende verkaufen sie nun schon den ersten frisch gestochenen Spargel in ihrem Hofladen in Vollbüttel.

Der Spargelanbau hat bei den Kaufmanns Tradition. Schon der Großvater baute das Gemüse an – damals noch ohne Folie, gestochen wurde zwei Mal am Tag. Heute setzt Kaufmann auf Sorten wie Gijnlim – eine sehr frühe Sorte mit sehr hohem Ertrag, kaum empfindlich für Spargelbruch und Spargelrost, neigt in späteren Jahren jedoch zu etwas dünneren Spargelstangen – oder Raffaelo – eine späte Sorte, ebenfalls mit hohem Ertragspotenzial und kaum empfindlich für Spargelbruch, besitzt im Vergleich mit anderen späten Spargelsorten eine sehr gute Kopffestigkeit und -Qualität – und optimiert mit Folien und Tunneln den Ertrag. „Ich bin da reingewachsen. Es gab eigentlich keine andere Option“, sagt er schmunzelnd. Seit den späten 80er-Jahren betreibt er den Spargelanbau in eigener Verantwortung.

Regional statt weit gereist: Frische ist das entscheidende Kriterium

„Spargel ist etwas Besonderes, weil es ihn nur für kurze Zeit im Jahr gibt“, betont Kaufmann. Trotz ausländischer Konkurrenz setzt die Familie bewusst auf regionalen Spargel aus Deutschland. „Der Unterschied liegt in der Frische“, sagt Ehefrau Birgit Kaufmann.

„Mittlerweile kann man Spargel aus Peru ja auch zu Weihnachten kaufen“, ergänzt sie. Während Spargel aus Griechenland oder Peru allerdings mehrere Tage unterwegs ist, wandert der Spargel der Kaufmanns praktisch direkt vom Feld in den Kochtopf. Mehr Direktvermarktung geht kaum – und das schmeckt man auch, sind sich beide einig.

So kommt der Spargel vom Acker in Vollbüttel auf die Teller

Wenn der Damm auf dem Feld kleine Dellen oder Risse zeigt oder der Spargel schon herausschaut, ist es Zeit, ihn zu stechen. Vorsichtig muss der Spargel freigelegt werden, indem die Erde herum mit den Fingern etwas wegbuddelt wird. Mit einem Spargelstecher wird der Spargel dann in der Erde gestochen. Der frisch gestochene Spargel wird anschließend in Kisten gelegt und in wenigen Minuten zum Hof transportiert.

Dort beginnt die Weiterverarbeitung: Die Kisten werden auf ein Laufband gestellt, und der Spargel wird gewaschen und die Enden gekappt. Anschließend ermittelt eine spezielle Kamera von jeder einzelnen Stange, zu welcher Kategorie sie gehört – also Jumbo, über erste Klasse bis zu kurzen Spargelköpfen – und nach diesem Prinzip fallen die Stangen in passende Boxen.

Erneut in Kisten gelegt werden die Stangen wieder auf ein Laufband gestellt. Damit die Enden des Gemüses nicht verholzen und sich die Spitzen unter Lichteinfall und Wärme nicht rötlich oder lila verfärben, wird Spargel unmittelbar nach der Ernte heruntergekühlt. Das Eiswasserbad von etwa zwei Grad Celsius ist auf dem Hof der Kaufmanns also die nächste Station, bevor die Stangen ins Kühlhaus gebracht werden. Von hier aus kommen sie dann entweder direkt in den Hofladen oder noch in eine große Schälmaschine, wo sie ebenfalls einzeln, über ein Band geführt, geschält und sortiert werden – fertig für den Verkauf.

 

Spargel ist teuer, weil der Anbau arbeitsaufwendig ist.

Burkhard KaufmannLandwirt im Landkreis Gifhorn

Geschälter Spargel ist in Vollbüttel besonders gefragt

„80 Prozent der Kundinnen und Kunden kaufen heute geschälten Spargel“, sagt Burkhard Kaufmann. Früher sei das anders gewesen, da habe man sich noch eher die Mühe gemacht, den Spargel selbst zu schälen. An die Gastronomen liefere er ausschließlich geschälten Spargel. Ob vom Hofladen, vom Verkaufsstand oder frisch zubereitet im Restaurant: Am Ende landet der Vollbütteler Spargel auf vielen Tellern in der Region.

Einmal ums Eck auf dem Hof der Familie Kaufmann fallen außerdem viele gestapelte Säcke ins Auge. In ihnen befinden sich zahlreiche Spargelpflanzen. Denn auch wenn Spargel mehrere Jahre alt werden kann, ist irgendwann Schluss, und neue Pflanzen müssen in die Erde.

Warum Spargel seinen Preis hat

Vom Stechen des Spargels bis zum Verkauf im Hofladen dauert es bei Familie Kaufmann nicht lange. Dass das Kilogramm, je nach Sorte und Klasse, zwischen 14 und 18 Euro kostet, habe dennoch seine Berechtigung. „Spargel ist teuer, weil er arbeitsaufwendig ist“, erklärt Kaufmann. Die Ernte erfolgt auf seinen Feldern ausschließlich per Hand.

Rund 15 Saisonarbeiter – überwiegend aus Rumänien – übernehmen jedes Jahr die Ernte. Viele von ihnen kommen seit Jahren wieder. In der prallen Sonne, jeden Tag mehrere Stunden am Stück zu arbeiten, das könne nicht jeder. Kaufmann sei deshalb froh über die Unterstützung.

Auch an der großen Wasch- und Sortieranlage direkt auf dem Hof arbeiten mehrere Mitarbeitende gleichzeitig. Für die Verkaufsstände und den Hofladen hat Familie Kaufmann ebenfalls Personal. Egal ob im Hofladen oder an den Verkaufsständen: Der Landwirt vermarktet ausschließlich weißen Spargel – „und das ist auch meine Lieblingssorte“, sagt er und lacht.

Corona-Jahr brachte überraschenden Boom

Eine besondere Erinnerung bleibt für die Familie die Corona-Zeit. Die Gastronomie war geschlossen, die Sorge groß. „Ich dachte, wir bleiben auf unserem Spargel sitzen“, erinnert sich Kaufmann. Doch das Gegenteil trat ein: Die Menschen kamen in Scharen auf den Hof, standen Schlange und kauften mehr denn je für den Eigenbedarf. „Das war wirklich überraschend. Ein Jahr, das wir nie vergessen werden.“

Wetter und Wandel: Der Anbau bleibt herausfordernd

Eine der größten Herausforderungen im Spargelanbau bleibt laut Kaufmann das Wetter. Trockenheit könne zum Ende der Saison zu dünneren Stangen führen, zu viel Regen zu Staunässe – „ und das mag der Spargel nicht“. Auch Krankheiten und Schädlinge wie die Spargelfliege können laut Kaufmann den Ertrag beeinflussen. „Unsere Sorten sind zum Glück nicht sehr anfällig, bisher hatten wir jedes Jahr Glück.“

Doch der Klimawandel macht sich bemerkbar. Gerade nach der Ernte benötigt der Spargel viel Wasser, um sich für die nächste Saison zu regenerieren. „ Und das fehlt inzwischen öfter mal.“ Kaufmann blickt dennoch zuversichtlich nach vorn – auch wenn klar ist: Der Anbau des königlichen Gemüses bleibt eine anspruchsvolle Aufgabe.

10.04.2025 Gifhorner Rundschau