Pferdezüchter aus dem Kreis Gifhorn fordern Abschusspläne für Wölfe
Mehr Wölfe, mehr Wolfsrisse: Pferdezüchter und Pferdebesitzer sind verärgert und wollen Bestand regulieren
Dirk Kühn
Pferdezüchter aus dem Kreis Gifhorn fordern Abschusspläne für Wölfe
Mehr Wölfe, mehr Wolfsrisse: Pferdezüchter und Pferdebesitzer sind verärgert und wollen Bestand regulieren
Ribbesbüttel Die Zahl der Wölfe in Niedersachsen und im Landkreis Gifhorn steigt und steigt - und mit der wachsenden Wolfspopulation werden auch die Sorgen und Ängste, der Zorn und der Ärger der Menschen, insbesondere der Weidetierhalter, größer. Das zeigte sich auch am Freitagabend bei einer Diskussionsrunde im Kasino der Reitanlage Elsenhof in Druffelbeck deutlich. Gut 50 Reiterinnen und Reiter sowie Pferdezüchter setzten sich mit dem Thema auseinander.
Eingeladen hatte der Pferdezuchtverein Ahnsen und Umgebung, der ausdrücklich auch den Kreisreiterverband Gifhorn einbezogen hatte. Deren Vorsitzender Oliver Baake saß ebenso mit auf dem Podium wie der SPD-Landtagsabgeordnete Philipp Raulfs aus Hillerse, der Burgdorfer Helmut Habermann, der für den Zusammenschluss Pferdeland Niedersachsen ehrenamtlich arbeitet, Wolfsberater Carl-Gustav Laser aus Winkel, Uwe Dorendorf, jagdpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion aus Danneberg sowie Telse Dirksmeyer-Vielhauer, CDU-Fraktionsvorsitzende im Gifhorner Kreistag. Moderiert wurde die Diskussion von Otmar Hauck, dem es gelang, auch dank seines Hintergrundwissens rund um das Thema Wolf, dass die Debatte weitestgehend sachlich blieb. Allenfalls Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer und Bundesumweltministerin Steffi Lemke (beide Bündnis 90/Die Grünen) gerieten zeitweilig ins Visier der Pferdefreunde.
Dabei war es gerade Lemke, die Anfang Oktober den Bundesländern eine neue Regelung zum erleichterten Abschuss von Wölfen in Regionen mit erhöhtem Rissvorkommen vorgeschlagen hatte. Kommt es dort zu einem Wolfsübergriff auf Weidetiere, die durch Herdenschutzmaßnahmen, also Zäune, zumutbar gesichert waren, könne nach Erhalt der Abschussgenehmigung 21 Tage lang im Umkreis von 1000 Metern um die Weide ein Wolf geschossen werden. Diese Regelung soll in dieser Woche auf der Umweltminister-Konferenz beschlossen werden. Dorendorf winkte ab: „Da erwarte ich gar nichts“. Zunächst einmal sollten die korrekten Zahlen der Wolfspopulation in Brüssel vorgelegt werden. Mehrfach wurde auf den aktuellen Quartalsbericht der Landesjägerschaft Niedersachsen verwiesen. Danach wurden landesweit 50 Wolfsrudel, 4 Wolfspaare und ein Einzelwolf offiziell nachgewiesen. Allein im Landkreis Gifhorn sind es vier Rudel: in Hankensbüttel, in Ehra-Lessien und in Steinhorst. In Hankensbüttel ist aktuell innerhalb des Rudels nur ein Welpe bestätigt, in Steinhorst sind es vier und in Ehra-Lessien sogar fünf Welpen. Im Ringelah soll es ebenfalls ein Rudel geben, das ist allerdings bisher nicht bestätigt worden.
Auch Pferde und Ponys waren von Wolfsrissen betroffen
Weit vorn in der Region liegt der Landkreis auch bei der Zahl der Wolfsrisse. Seit 2017 steigt die Zahl der Übergriffe stetig an. Im zweiten Quartal 2023 gab es insgesamt 13 Übergriffe auf Nutztiere, in 9 Fällen wurde ein Wolf als Verursacher nachgewiesen. Im dritten Quartal waren es 7 Übergriffe, die auf den Wolf zurückgingen, in der Region Hannover 17, im Landkreis Uelzen 9. Auch Pferde und Ponys waren landesweit von Wolfsrissen betroffen, mindestens 3 Fälle wurden nachgewiesen.
„Es kann nicht in unserem Sinne sein, das ganze Land einzuzäunen“.
Erst Janze, Vorsitzender des Pferdezuchtvereins Ahnsen
Deutlich ist schon mit Beginn der Diskussion, dass Pferdehalter eine Regulierung des Wolfsbestandes fordern. Kein Zweifel allerdings besteht darin, dass dieser Weg lang ist. Der Wolf ist nach EU-Recht in der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie geschützt, und auch das Bundesnaturschutzgesetz setzt strenge Maßstäbe. Moderator Hauck spricht von einer „regulierten Koexistenz“. Dorendorf stellt klar: „Niemand will den Wolf wieder ausrotten.“ Aber die wachsende Population, die zunehmende Zahl der Risse erfordern eine effiziente Bejagung des Wolfes.
Dass es damit nicht getan ist, verdeutlichte Wolfsberater Laser. Selbst wenn von den 500 in Niedersachsen lebenden Wölfen 20 Prozent, also 100 Tiere, geschossen werden, bleiben immer noch 400. „Das ändert nichts an der Riss-Situation“, betonte er und appellierte an die Pferdehalter, ihre Tiere bestmöglich zu schützen. „Illusorisch“, so ein Zwischenruf, und auch Ernst Janze, Vorsitzender des Pferdezuchtvereins Ahnsen, gab zu bedenken: „Es kann nicht in unserem Sinne sein, das ganze Land einzuzäunen.“
Raulfs: Unfassbar komplizierte Situation
Dass das Problem nicht Niedersachsen sei, sondern die Bundesländer, die keine Wolfsrudel haben, betonte der SPD-Landtagsabgeordnete Raulfs, selbst Pferdebesitzer. „Mir ist wichtig, den Kollegen auf Bundesebene klar zu machen, was hier los ist.“ Raulfs sprach von einer unfassbar komplizierten Situation. „Es wird noch ein bisschen dauern, bis wir das Thema Wolf in den Griff bekommen“, warnte er vor zu hohen Erwartungen.
So sieht es auch der Burgdorfer Helmut Habermann, der das Thema und die Dringlichkeit auch der Gifhorner CDU-Europaabgeordneten Lena Düpont geschildert hat. Für ihn ist der Bund, nicht die EU die entscheidende Stelle. Dass an der FFH-Richtlinie etwas geändert wird, sieht er nicht. Wohl aber könne der Bund den Ausnahmekatalog erweitern. Deshalb ist seine Kernforderung, das ohnehin schlecht gemachte Bundesnaturschutzgesetz entsprechend zu ändern.
Wie schwierig es ist, derzeit eine Abschussgenehmigung für einen Wolf zu bekommen, weiß Habermann nur zu gut. Er hat für das Landvolk Burgdorf einen entsprechenden Antrag ausgearbeitet. Es handelt sich um jenen Problemwolf, der auch ein Pony von Ursula von der Leyen gerissen haben soll. Einen ähnlichen Antrag für den Abschuss eines Wolfes hatte das Landvolk Gifhorn-Wolfsburg Anfang 2023 gestellt. Die untere Naturschutzbehörde sah die Voraussetzungen als nicht erfüllt an und lehnte ab.
27.11.2023 Gifhorner Rundschau