Dias und Super-8-Filme stapeln sich

Die Aufnahmen des Wolfsburgers Reinhard Biek haben für das Kinomuseum lokalhistorische Bedeutung.

Reiner Silberstein

Vollbüttel Die halbe Cafeteria des Vollbütteler Kinomuseums ist zugestellt – mit Kisten voller Dias, Bücher, Plakate und vor allem mit etlichen Super-8-Filmen. Es ist der fast vollständige Nachlass von Reinhard Biek aus Wolfsburg. Den hat seine Tochter, Heidrun Hirt aus Gifhorn, am Montag dem Museums-Chef Peter Schade-Didschies überreicht. Die Schachteln tragen Beschriftungen wie „Auf Captain Cooks Spuren“, „Unter den goldenen Kuppeln von Kiew und Leningrad“ sowie „Im Dschungel des Amazonas“. Klarer Fall: Da hat jemand viele Reisen unternommen und reichlich gefilmt und fotografiert. Andere Schachteln tragen Texte wie „Brome 1987“, „Schützenfest“ und „Wolfsburger Moore“.

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Heidrun Hirt aus Gifhorn überreicht Peter Schade-Didschies den Nachlass ihres Vaters Reinhard Biek aus Wolfsburg. Reiner Silberstein

„Mein Vater ist 1995 gestorben“, erzählt Hirt. Und ihre Mutter Ursula sei kürzlich in ein Seniorenheim umgezogen. Somit hatte die Gifhornerin nun die Aufgabe, die Wohnung in der Wolfsburger Siemensstraße aufzulösen, die die vergangenen 55 Jahre das Zuhause des elterlichen Ehepaares war.

Dabei blieb die Frage: Was soll mit dem riesigen Fundus an Medien geschehen, die der gelernte Flugzeugbauer und spätere Ingenieur in der Volkswagen-Entwicklung erstellt hat? Das sind knapp 6000 Dias und mehr als 70 Super-8-Filme mit etwa 45 Minuten Länge. „Ich habe zehn Jahre in Vollbüttel gewohnt, und so kam ich auf das Kinomuseum.“ Schade-Didschies habe auch gleich ja gesagt.

„Ich wusste aber nicht, was auf uns zukommt“, gesteht der Vorsitzende des Museumsvereins. Sprich: Die Menge des Materials sei so umfangreich, dass man gar nicht alles unterbringen könne. „Die vielen Filme und Dias müssen einst ein Vermögen gekostet haben.“ Jetzt müsse man selektieren, was wirklich relevant und aufhebenswert ist – ein Job für die nächsten Jahre. „Wir suchen Informationen, die nicht überall verfügbar sind, und individuelle Sichtweisen.“

Es gebe aber auch Filmaufnahmen aus den ersten Tagen des Gifhorner Mühlenmuseums und vom Bernsteinsee – also von lokalhistorischer Bedeutung. „Etliche Filme hat schon das Museum der Stadt Wolfsburg übernommen“, sagt Hirte.

Das Gros beinhaltet jedoch Aufnahmen von den vielen Reisen Bieks. „Unsere erste ging mit dem Fahrrad zur Ostsee“, erinnert sich die Tochter.

Später habe die Familie ganz Deutschland durchquert und ab den späten 70ern die ganze Welt. Die Tochter erinnert sich noch, wie die Kinder mithalfen, die schwere Ausrüstung des Vaters mit Praktika-, Rollei-, Nizo-Kamera und etlichen Objektiven bei 40 Grad Celsius durch die italienische Stadt Rimini schleppen musste – „ich fragte: Warum sind wir eigentlich nicht mehr Kinder? Dann hätten wir mehr Schultern zum Tragen!“ Ein Teil dieser Ausrüstung steht übrigens schon ein paar Jahre in den Vollbütteler Vitrinen.

Zuhause veranstaltete der Vater dann Dia- und Filmvorträge unter anderem im Wolfsburger Kulturzentrum. Hirt: „Er hat immer alles akribisch recherchiert, die Plakate selbst erstellt und die Vorträge freihändig gehalten. Meine Mutter hat die Dias weitergeklickt. Die Säle waren immer voll.“ Alle Filme habe der Wolfsburger selbst geschnitten und vertont.

 

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Die letzte Reise verursachte aber auch Bieks Tod: Er erlitt nach Beinbruch und Krankenhausaufenthalt in Thailand nach dem Rückflug eine Thrombose mit Herzinfarkt.

„Das ist ein absolut spektakulärer Nachlass“, so Schade-Didschies, „so einen breiten Fundus habe ich von privat noch nicht gesehen. Reinhard Biek hat dafür gelebt.“ Wenn das Material gesichtet ist, soll es auch der Öffentlichkeit präsentiert werden.

GR 07.07.2020