Vom Hochsitz zum Vorsitz: Marion Klopp führt Gifhorns Jäger
Die erste weibliche Vorsitzende der Jägerschaft erzählt, was das Jägerdasein ausmacht
Gifhorn An der Spitze der Jägerschaft Gifhorn steht seit April eine Frau: Marion Klopp. Die dreifache Mutter ist seit 2022 Vorsitzende des Vereins. Sie erzählt, wie viel mehr hinter dem Jägerdasein steckt als nur Totschießen, was es für sie bedeutet, als erste Frau den Vorsitz zu übernehmen, und welche Ideen sie für die Position alles mitbringt.
Traditioneller kann man es sich kaum vorstellen: Die gebürtige Ribbesbüttelerin übernahm den Großelternhof, auf dem sie heute mit ihren drei Söhnen, Hühnern, Gänsen und Pfauen lebt. Den Jagdschein besitzt sie bereits seit mehr als 20 Jahren, obwohl das Jagen für ihre Familie damals neu war: „Ich habe keinen jagdlichen Ursprung. Aber das Ehrenamt wurde mir in die Wiege gelegt“, erzählt die Vorsitzende. Ihre große Leidenschaft sind neben dem Schießen vor allem die Prädatoren, das Raubwild.
Marion Klopp, Vorsitzende der Jägerschaft Gifhorn. Stine Hasenforther
Stine Hasenforther
Was die Jägerschaft betrifft, so zählt Klopp demnach zu den Eigengewächsen. Dem Verein gehören knapp 2000 Jäger im Landkreis Gifhorn an. Was Klopp besonders daran schätzt: „Wir sind sehr breit aufgestellt, in allen Sparten. Nicht nur im Schießwesen, sondern auch im Bläserwesen oder was Hundeausbildung betrifft. Der Verein ist sehr aktiv und facettenreich, das macht ihn attraktiv.“
Klopp sprüht förmlich vor Ideen für die Jägerschaft: „Wir haben Köche im Verein, die Seminare geben können, wie man das erbeutete Wild zubereitet. Oder eine Tierärztin, die Erste-Hilfe-Seminare für unsere Jagdhunde geben kann.“ Für bessere Übersicht steckte sie viel Arbeit in den Veranstaltungskalender, der online auf der Website der Jägerschaft zu finden ist. „Jäger zahlen einen hohen Mitgliedsbeitrag. Ich möchte ihnen dafür etwas zurückgeben“, sagt Klopp. Die Veranstaltungen würden auch zunehmend von Jägern aus anderen Landkreisen besucht. Einen eigenen Veranstaltungskalender für Kinder gibt es auch schon mit Schnitzeljagd oder dem Besuch einer Tierpädagogin.
Die Passion für das Jägerdasein verkörpert Klopp mit Leib und Seele. Ob es ihr etwas bedeutet, die erste weibliche Vorsitzende des Vereins zu sein? „Nein. Ich ich bin oft die einzige Frau, das fällt mir aber meist gar nicht auf. Wir beurteilen nach Fähigkeiten und nach Leistung.“ Klopp selbst überzeugt bereits seit 2007 jährlich mit dem ersten Platz im Damenschießen auf Kreisebene. Bis zu den Bundesmeisterschaften hat sie es schon dreimal geschafft. Außerdem ist sie alleinig in der Jägerschaft vom Ministerium für Ernährung, ländlichen Raum und Verbraucherschutz zugelassen, Fallensachkunde zu lehren, was eine spezielle Ausbildung erfordert. Darauf bildet sich Klopp jedoch nichts ein: „Vor der Kreatur ist jeder gleich, da hat man keinen Bonus, nur weil man eine Frau ist.“
Der Selbstversorgergedanke und die Naturverbundenheit spielten schon immer eine große Rolle für Klopp. „Es ist ein Privileg, zu wissen, wo das Essen herkommt und es selbst erbeuten zu können. Ich schieße nichts tot, was ich nicht verwerten kann“, erklärt sie. So gibt es bei ihrer Familie gerne mal gemischtes Hack im Burger – gemischt zum Beispiel aus Rotwild und Gans. „Was wir herstellen können, gibt es nirgendwo zu kaufen oder würde im Restaurant ein Vermögen kosten“, so Klopp. Das erbeutete Fleisch landet auf dem Esstisch, aber auch der letzte Fuchshaken und die letzte Entenfeder finden sich in Schmuck oder Kleidung wieder. Denn: „Jagen bedeutet mehr als nur Totschießen.“
05.01.2023 GR