So arbeıtet eın Hollywood-Cutter
Der Ex-Calberlaher Sven Pape stellt in Vollbüttel seine Projekte vor: Doku über Alt Right und Youtube-Kanal.
Vollbüttel. Fast genau ein ]ahr ist es her: Ein Rechtsextremer der amerikanischen Alt-Right-Bewegung raste bei einer Kundgebung in Charlottesville/Virginia mit einem Auto in eine Menschengruppe. Eine Frau kam dabei ums Leben, 19 wurden verletzt. Dieser Vorfall beschäftigt den gebürtigen Calberlaher Sven Pape beruflich: Er hat den Dokumentarfilm (Alt Right - Age Of Rage" (Alt Right - Zeit des Hasses) für den US-Regisseur Adam Bhala Lough geschnitten, der am 12. August in zwölf amerikanischen Metropolen in die Kinos kommt. Bei einer internen Veranstaltung der Video-Aktiven Gifhorn im Kinomuseum Vollbüttel hat er dieses Projekt und seinen Youtube-Kanal „This Guy Edits" vorgestellt.
Pape lebt seit 23 ]ahren mit seiner Familie in L.A., mitten in Hollywood, und arbeitet dort als Cutter und Regisseur. So hat er schon für James Cameron die 3D-Unterwasser-Doku „Die Geister der Titanic" in Szene gesetzt und war mit eigenen Filmen bei Festivals vertreten (zum Beispiel mit „L.A. Twister“ von 2004 und „Hollywood Kills“ von 2009.
Für „Age Of Rage" hatte das Filmteam von Lough tatsächlich die Vereinbarung mit der rechtsextremen Organisation Alt Right, sie ein Jahr begleiten zu dürfen. Im Mittelpunkt: Richard Bertrand Spencer, der Kopf der Bewegung. „Die war auch anfangs sehr interessiert und immer pünktlich beim Dreh“, erzählt Pape. Aber nach Charlottesville gab es einen Wechsel. „Spencer änderte sich und trank nachher bei den Dreharbeiten." Als Gegenpol holte sich Lough den bekennenden Antifaschisten Daryle Lamont Jenkins vor die Kamera.
Der Film, dessen ersten 20 Minuten Pape im Kinomuseum – quasi als Deutschlandpremiere - auf der Vollbütteler Leinwandpräsentierte, war im Frühjahr schon dreimal bei Festivals zu sehen. Pape: „Er ist super angekommen, die Kritiken waren wunderbar. Wir sind stolz auf den Film, er zeigt, was Sache ist." Zum Beispiel auch die Tragödie in Charlottesville selbst - das rasende Auto, die Rückwärtsfährt mit zerbeulter Front, die verletzten und geschockten Menschen, Ersthelfer im Einsatz. Auch die Besucher im Kinomuseum attestierten dem 46-jährigen: Toll geschnitten, sehr emotional! Kompliment!"
Wie genau Pape als Filmeditor arbeitet, das zeigt er seit einigen Monaten auch auf seinem Youtube-Kanal „This Guy Edits“. Die ldee für die ersten Schritte bei Youtube kam ihm, als es seine Tochter mit völlig unprofessionellen Spielzeugvideos innerhalb kürzester Zeit auf mehrere Tausend Klicks brachte - und ein paar Dollar über die dabei eingespielte Werbung verdiente. „Da dachte ich, das muss ich auch mal probieren."
Nach verschiedenen Experimenten mit Kaninchenfilmen und Produkttests kam der Filmemacher allerdings zu folgenden Schlüssen:
„Es gibt es kein Rezept, wie man Leute dazu bekommt, Videos lange zu schauen.“
Aber: „Du findest ein Publikum, wenn du eine gute Geschichte erzählst." Und tatsächlich gebe es eine neue Generation von Filmemachern, die mit Youtube Geld verdienen, ein paar hätten ihre alten Jobs dafür aufgegeben. Für andere sei es nur ein Hobby und bringe Taschengeld - „aber es funktioniert".
Der Ex-Calberlaher dachte jedenfalls, er müsse es professioneller machen. „Und egal, was das Thema ist, man muss eine Leidenschaft dafür haben." So kam für ihn nur das Schneiden von Filmen infrage – wo er übrigens eine noch unbesetzte Nische fand. „Es ist immer gut, der First Mover zu sein.“
Zunächst berichtete er über sich und seine Arbeitsweise, dann kamen Drehs über Kollegen zustande - darunter auch Josh Beal, der für die Szenen der Serien „House Of Cards" und „Counterpart" verantwortlich zeichnet.
Das Youtuben wird für Pape so zum profitablen Geschäft, denn bei solchen Projekten kommt mehr Geld über freiwillige Sponsoren herein als über Werbeeinnahmen.
Youtube, das könne jeder, sagt Pape, auch wenn man kein Profi ist. „Man muss nicht Experte auf höchstem Niveau sein. Man muss nur etwas mehr wissen als andere."
Man dürfe aber nicht zu enthusiastisch sein und gleich seinen Job dafür hinschmeißen. „Youtube ist nicht dein Freund!" Schon morgen könne das Unternehmen die Spielregeln ändern. „Es verfolgt eben andere Ziele als ich."
Sven Pape zeigte den Mitgliedern der Video-Aktiven Gifhorn im Kinomuseum, was er für Leinwand und Internet schneidet. Foto: Reiner Silberstein; BZV
GR 30.07.2018